Die Aktiengesellschaft (AG) – Struktur, Organe und Aktionärsrechte
- Roland Schmidt
- 19. Sept.
- 16 Min. Lesezeit
Allgemeines
Die Aktiengesellschaft (AG) ist eine Rechtsform der Kapitalgesellschaft und besonders für größere Unternehmen mit hohem Kapitalbedarf geeignet. Ihr Grundkapital ist in Aktien zerlegt, die frei übertragbar sind – diese können, müssen aber nicht an der Börse gehandelt werden. Zur Gründung einer AG ist ein Mindestgrundkapital von 50.000 € erforderlich (§ 7 AktG). Die AG besitzt eigene Rechtspersönlichkeit als juristische Person und haftet ausschließlich mit ihrem Gesellschaftsvermögen; Aktionäre tragen kein persönliches Haftungsrisiko, ihr Verlustrisiko ist auf den Wert der eingebrachten Einlage (Kaufpreis der Aktien) begrenzt.
Aufgrund der vergleichsweise hohen Kapitalanforderung und der strengen gesetzlichen Regulierung kommt die AG vor allem für Unternehmen in Betracht, die einen großen Kapitalbedarf und ambitionierte Wachstumspläne haben. Sie ermöglicht es, flexibel Anteile (Aktien) an Investoren, Mitarbeiter oder via Börsengang auszugeben. So wird Gründern, die „mit ihrem Business schnell wachsen und neues Kapital von Investoren sammeln möchten“, ausdrücklich geraten, die AG als Rechtsform in Erwägung zu ziehen. Bei wichtigen Stakeholdern wie Banken, Kunden und Geschäftspartnern genießt die AG zudem ein hohes Ansehen, was die Kapitalbeschaffung weiter erleichtern kann.
Rechtsfähigkeit
Die Aktiengesellschaft erhält mit der Eintragung ins Handelsregister eine eigene Rechtspersönlichkeit (§§1, 41 Abs. 1 AktG). Ab diesem Zeitpunkt kann sie Eigentum erwerben, Verträge abschließen, vor Gericht klagen und verklagt werden. Diese Rechtsfähigkeit ist Voraussetzung für ihre Teilnahme am Rechtsverkehr als eigenständiges Subjekt.
Gründung
Die Gründung einer Aktiengesellschaft beginnt mit der Ausarbeitung der Satzung und ihrer notariellen Beurkundung. Die Satzung muss mindestens Firma, Sitz, Unternehmensgegenstand, Höhe des Grundkapitals, die Aufteilung und Art der Aktien sowie die Anzahl der Vorstandsmitglieder festlegen (§ 23 Abs. 1, 2 AktG). Das gesetzliche Mindestgrundkapital beträgt 50.000 € (§ 7 AktG). Bereits an diesem Punkt sollten Gründer klären, ob ausschließlich Bareinlagen geleistet werden oder ob Vermögensgegenstände als Sacheinlagen eingebracht werden sollen; für Sacheinlagen gelten strenge Bewertungs-, Prüf- und Offenlegungspflichten (§§ 27 ff. AktG), und die Einbringung muss in der Satzung konkret beschrieben werden.
Mit der Beurkundung der Satzung übernehmen die Gründer die Aktien. Parallel werden die ersten Organe bestellt: Zwingend sind Aufsichtsrat und Vorstand, wobei in der Gründungsphase der Aufsichtsrat eingerichtet und dieser den Vorstand bestellt (§§ 30 ff., § 84 AktG). Vor der Anmeldung zum Handelsregister müssen die geschuldeten Einlagen geleistet sein; bei Bareinlagen ist ein bankbestätigter Nachweis über die Einzahlung erforderlich, bei Sacheinlagen muss der vollständige Übergang des einzubringenden Vermögens sichergestellt und dokumentiert sein (insbesondere nach § 36a AktG). Etwaiges Aufgeld (Agio) ist voll zu erbringen. In der Praxis empfiehlt sich, die Einzahlung auf ein vorab eingerichtetes Gründungskonto vorzunehmen und die Belege geordnet für die Registeranmeldung bereitzuhalten.
Die Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister erfolgt durch den Vorstand in notariell beglaubigter Form und hat den gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt samt Anlagen zu enthalten, insbesondere Satzung, Organbestellungen, Einzahlungs- und ggf. Sachgründungsnachweise (§§ 36, 37 AktG). Bis zur Eintragung spricht man von der „Vor-AG“; in dieser Phase bestehen Besonderheiten: Eine Ausgabe von Aktien ist unzulässig, und Handelnde können persönlich haften (§ 41 AktG). Erst mit der Eintragung im Handelsregister entsteht die AG als juristische Person und wird voll rechts- und parteifähig (§ 41 Abs. 1 AktG). Ab diesem Zeitpunkt haftet grundsätzlich nur noch die Gesellschaft mit ihrem Vermögen; die Aktionäre sind durch die Einlagenbeschränkung geschützt.
Hinweis Für Gründer mit Wachstumskurs ist wichtig, die Satzung früh auf Skalierung auszurichten. Dazu gehören klare Regelungen zur Ausgestaltung der Aktien (z. B. Stückaktien), zu genehmigtem Kapital oder bedingtem Kapital für spätere Finanzierungsrunden (§§ 202 ff., §§ 192 ff. AktG), zu Bezugsrechten und deren möglichem Ausschluss (§ 186 AktG) sowie zu einem sinnvollen Zustimmungskatalog des Aufsichtsrats für bedeutende Transaktionen (§ 111 Abs. 4 AktG). Eine Einpersonengründung ist zulässig; auch dann müssen die Organe voll eingerichtet werden. Praktisch bedeutsam sind außerdem die Planung der Gründungskosten, die korrekte Zurechnung von Gründungsaufwand und – falls Sacheinlagen eingebracht werden – die saubere vertragliche und tatsächliche Übertragung der einzubringenden Vermögenswerte. So vorbereitet, ist der Schritt zur Eintragung regelmäßig zügig möglich und schafft den rechtssicheren Rahmen für spätere Kapitalerhöhungen und Investorenrunden. |
Organe der AG – Überblick und Aufgabenverteilung
Abweichend von bisherigen Blogbeiträgen haben wir uns entschlossen, die Organe der Aktiengesellschaft insgesamt vorzustellen statt nur auf die Vertretungsmacht einzugehen. Hintergrund ist, dass bei der Aktiengesellschaft die interne Organisation viel stärker betont ist, als bspw. bei der GmbH. |
Eine AG verfügt gesetzlich zwingend über drei Hauptorgane: den Vorstand, den Aufsichtsrat und die Hauptversammlung der Aktionäre. Deren Aufgabenbereiche sind dabei streng voneinander abgegrenzt und können durch die Satzung nicht anders verteilt werden (§ 23 Abs. 5 AktG). Diese klare Aufgabentrennung der Organe sorgt für eine ausgewogene Unternehmensführung – der Vorstand führt das operative Geschäft, der Aufsichtsrat kontrolliert und die Hauptversammlung trifft Grundsatzentscheidungen. Dadurch wird Transparenz geschaffen und die Macht auf mehrere Schultern verteilt, was die Interessen aller Beteiligten schützt. Im Folgenden werden die drei Organe der AG, ihre Zusammensetzung und Kompetenzen näher erläutert.
Der Vorstand
Der Vorstand bildet das leitende Organ der AG. Er führt die Geschäfte der Gesellschaft in eigener Verantwortung und vertritt die AG gerichtlich und außergerichtlich (§§ 76 Abs. 1, 78 AktG). Anders als z.B. Geschäftsführer einer GmbH ist der AG-Vorstand weisungsfrei: Weder der Aufsichtsrat, noch die Hauptversammlung oder einzelne Aktionäre dürfen ihm bei Geschäftsführungsmaßnahmen Weisungen erteilen. Der Vorstand entscheidet autonom und stets im besten Interesse der Gesellschaft. Allerdings kann er gewisse grundlegende Entscheidungen nicht im Alleingang treffen – Grundlagengeschäfte wie Satzungsänderungen, Kapitalerhöhungen oder Abschluss von Unternehmensverträgen bedürfen der Zustimmung der Hauptversammlung (§ 119 AktG).
Der Vorstand kann aus einer oder mehreren Personen bestehen (§ 76 Abs. 2 AktG). In der Praxis haben größere Aktiengesellschaften meist mehrere Vorstandsmitglieder, die jeweils einen eigenen Geschäftsbereich (Ressort) verantworten. So können z.B. Ressorts für Finanzen, Personal, Vertrieb etc. eingerichtet werden. Beschlüsse innerhalb des Vorstands werden in der Regel nach dem Mehrheitsprinzip gefasst. Die Bestellung der Vorstandsmitglieder erfolgt durch den Aufsichtsrat für maximal fünf Jahre (§ 84 Abs. 1 AktG); eine Wiederbestellung oder Verlängerung um weitere bis zu fünf Jahre ist zulässig. Vorstandsmitglieder unterliegen strengen Sorgfaltspflichten – insbesondere der Pflicht zur „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ gemäß § 93 AktG. Verletzen Vorstände ihre Pflichten, können sie der Gesellschaft gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet sein.
Gegenüber Dritten haften Vorstandsmitglieder hingegen nur in Ausnahmefällen persönlich – eine persönliche Haftung des Vorstands gegenüber Außenstehenden ist äußerst selten. Operativ führt der Vorstand das Tagesgeschäft und trifft alle unternehmerischen Entscheidungen, die nicht per Gesetz oder Satzung einem anderen Organ vorbehalten sind. Die Hauptversammlung hat keinen direkten Einfluss auf das Alltagsgeschäft – sie kann dem Vorstand keine Weisungen für das operative Geschäft erteilen. Die vom Vorstand autonom getroffenen Maßnahmen unterliegen aber der Kontrolle des Aufsichtsrats und – bei grundsätzlichen Entscheidungen – der Zustimmung der Aktionäre. Insgesamt gewährleistet die Konzentration der Geschäftsführungsbefugnis beim Vorstand eine effiziente Leitung des Tagesgeschäfts, ohne dass jeder operative Schritt von den Eigentümern abgesegnet werden muss.
Der Aufsichtsrat
Der Aufsichtsrat ist das primäre Überwachungsorgan der Aktiengesellschaft. Seine Hauptaufgabe besteht darin, den Vorstand zu kontrollieren und dessen Geschäftsführung laufend zu überwachen (§ 111 Abs. 1 AktG). Zu diesem Zweck hat der Aufsichtsrat ein umfassendes Einsichtsrecht in die Bücher und Unterlagen der Gesellschaft. Er kann vom Vorstand Bericht verlangen und prüft wichtige Unternehmensunterlagen, insbesondere den Jahresabschluss.
Wichtig ist: Der Aufsichtsrat kann dem Vorstand keine eigenen Weisungen für die Geschäftsführung erteilen – er ist kein zusätzliches Geschäftsleitungsorgan. Allerdings besitzt der Aufsichtsrat in bestimmten Fällen ein Zustimmungsrecht und kann so Vorstandsmaßnahmen blockieren, falls diese der Gesellschaft nicht zuträglich erscheinen. Verweigert der Aufsichtsrat die erforderliche Zustimmung zu einer Geschäftsmaßnahme, kann der Vorstand verlangen, dass die Hauptversammlung darüber entscheidet (§ 111 Abs. 4 AktG). Eigenmächtig durchsetzen kann der Aufsichtsrat keine Geschäftsführungsmaßnahmen, doch durch sein Vetorecht bei wichtigen Transaktionen übt er maßgeblichen Einfluss aus.
Eine weitere zentrale Kompetenz des Aufsichtsrats ist die Bestellung und Abberufung des Vorstands. Der Aufsichtsrat wählt die Mitglieder des Vorstands und bestimmt die Bedingungen ihrer Anstellungsverträge. Er kann Vorstandsmitglieder bei grober Pflichtverletzung oder aus wichtigem Grund auch vorzeitig abberufen (§ 84 Abs. 3 AktG). Außerdem vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber dem Vorstand (§ 112 AktG) – z.B. wenn die AG gegen eigene Vorstandsmitglieder Ansprüche gerichtlich geltend machen will, führt der Aufsichtsrat diese Prozesse.
Der Aufsichtsrat selbst wird von den Aktionären gewählt: Die Mitglieder des Aufsichtsrats bestimmt grundsätzlich die Hauptversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit (§ 101 Abs. 1 AktG). Eine AG muss laut Gesetz mindestens drei Aufsichtsratsmitglieder haben (§ 95 Abs. 1 AktG). In größeren Unternehmen steigt die Zahl der Aufsichtsräte gestaffelt nach Grundkapital (bis zu 21 Mitglieder sind möglich). Häufig schreibt das Mitbestimmungsgesetz vor, dass in großen Aktiengesellschaften auch Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat vertreten sind; bei mitbestimmungspflichtigen Unternehmen besteht der Aufsichtsrat also zur Hälfte aus Arbeitnehmer- und Anteilseignervertretern.
Kleinere AGs, die nicht dem Mitbestimmungsgesetz unterliegen, haben dagegen meist nur Vertreter der Anteilseigner im Aufsichtsrat. Die Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder beträgt höchstens vier Jahre, und eine Wiederwahl ist möglich (§ 102 AktG). Der Aufsichtsrat tagt regelmäßig (gesetzlich mindestens einmal pro Quartal, § 110 AktG) und prüft insbesondere den vom Vorstand aufgestellten Jahresabschluss vor dessen Feststellung. Insgesamt sorgt der Aufsichtsrat so für Transparenz und eine unabhängige Kontrolle der Unternehmensleitung zum Schutz der Interessen der Gesellschafter.
Die Hauptversammlung
Die Hauptversammlung (HV) ist das Organ, in dem die Aktionäre ihre Rechte ausüben und grundlegende Entscheidungen treffen. Sie wird oft als das oberste Willensbildungsorgan der AG bezeichnet, da hier die Eigentümer in Form von Beschlüssen über die Angelegenheiten der Gesellschaft entscheiden. Mindestens einmal im Jahr muss eine ordentliche Hauptversammlung stattfinden (§§ 119 Abs. 1, 175 AktG) – gesetzlich vorgeschrieben ist, dass diese innerhalb der ersten acht Monate des Geschäftsjahres abgehalten wird. In der HV erstatten Vorstand und Aufsichtsrat Bericht über das abgelaufene Geschäftsjahr, und die Aktionäre fassen Beschlüsse über alle Punkte, die der Hauptversammlung kraft Gesetzes zugewiesen sind. Gemäß § 119 AktG ist die Hauptversammlung insbesondere für Grundsatzentscheidungen zuständig. Zu den wichtigsten Befugnissen der HV zählen beispielsweise:
Wahl der Aufsichtsratsmitglieder (soweit diese nicht nach Mitbestimmungsgesetz durch Arbeitnehmer bestimmt werden),
Entscheidung über die Verwendung des Bilanzgewinns (insb. Beschluss über Dividendenausschüttung),
Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für ihre Amtsführung im abgelaufenen Jahr,
Bestellung des Abschlussprüfers der Gesellschaft,
Satzungsänderungen jeder Art,
Maßnahmen der Kapitalbeschaffung oder -herabsetzung (Kapitalerhöhungen, Kapitalherabsetzungen),
Auflösung der Gesellschaft sowie
zustimmungspflichtige Unternehmensverträge und wichtige Strukturmaßnahmen (z.B. Verschmelzungen, Spaltungen oder Formwechsel nach dem UmwG).
Beschlüsse der Hauptversammlung werden – soweit Gesetz oder Satzung nichts Abweichendes bestimmen – mit einfacher Mehrheit des vertretenen Grundkapitals gefasst, also mit über 50 % der abgegebenen Stimmen. Für besonders weitreichende Entscheidungen schreibt das Aktiengesetz jedoch erhöhte Beschlussquoren vor, in der Regel 75 % des vertretenen Kapitals (so etwa für Satzungsänderungen, § 179 Abs. 2 AktG).
Die Einberufung der Hauptversammlung erfolgt im Normalfall durch den Vorstand (§ 121 AktG). In bestimmten Ausnahmesituationen (etwa wenn das Wohl der Gesellschaft es erfordert) ist auch der Aufsichtsrat berechtigt, eine HV einzuberufen (§ 111 Abs. 3 AktG). Ferner räumt das Gesetz auch einer qualifizierten Aktionärsminderheit Einberufungsrechte ein: Aktionäre, die mindestens 5 % des Grundkapitals repräsentieren, können – sofern der Vorstand sich weigert – beim Gericht die Ermächtigung beantragen, selbst eine Hauptversammlung einzuberufen (§ 122 Abs. 1, 3 AktG). In der Hauptversammlung hat jeder Aktionär das Recht, zu den Tagesordnungspunkten das Wort zu ergreifen und vom Vorstand Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu verlangen (§ 131 AktG). Dieses Fragerecht gewährleistet Transparenz; der Vorstand darf die Auskunft nur in eng begrenzten Fällen verweigern (z.B. wenn durch die Beantwortung ein erheblicher Nachteil für die Gesellschaft entstehen würde).
Grundsätzlich gewährt jede Stückaktie eine Stimme (§ 134 AktG), sodass das Gewicht eines Aktionärs von seiner Anzahl an Aktien abhängt. Großaktionäre haben entsprechend mehr Einfluss als Kleinaktionäre. Die Hauptversammlung selbst darf jedoch nicht in die laufende Geschäftsführung eingreifen – anders als etwa die Gesellschafterversammlung einer GmbH kann die HV einer AG lediglich über die vom Vorstand vorgelegten Beschlussvorschläge abstimmen, aber keine eigenen Weisungen für das Tagesgeschäft erteilen. Die einmal gefassten HV-Beschlüsse sind für den Vorstand verbindlich und von diesem umzusetzen (§ 119 Abs. 2 AktG). Durch diese strikte Trennung bleiben Eigentum (Aktionäre) und Geschäftsführung (Vorstand) in der AG klar getrennt. Dies ermöglicht ein professionelles Management unabhängig von einzelnen Anteilseignern, bedeutet aber auch, dass Aktionäre die Unternehmenspolitik nur indirekt – nämlich über ihre Stimmrechte in der HV – beeinflussen können.
Haftung
Ein zentrales Merkmal der Aktiengesellschaft ist die klare Haftungsbeschränkung. Die AG als juristische Person haftet ausschließlich mit ihrem Gesellschaftsvermögen (§ 1 Abs. 1 AktG). Aktionäre tragen grundsätzlich kein persönliches Risiko für Verbindlichkeiten der Gesellschaft; ihr Verlust ist auf den Betrag der gezeichneten Aktien begrenzt. Eine Nachschusspflicht gibt es nicht. Dieser Grundsatz der Haftungsabschirmung macht die AG besonders attraktiv für Investoren und Gründer, die ihr privates Vermögen schützen möchten.
Anders verhält es sich bei den Organen, insbesondere beim Vorstand. Dieser unterliegt strengen gesetzlichen Pflichten und kann bei Pflichtverletzungen persönlich in Anspruch genommen werden. Maßgeblich ist § 93 AktG: Vorstandsmitglieder haben „die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ anzuwenden. Verstößt ein Vorstand gegen diese Pflicht, haftet er der Gesellschaft gegenüber auf Schadensersatz. Die Anspruchsdurchsetzung obliegt regelmäßig dem Aufsichtsrat (§ 112 AktG).
Besondere Haftungsrisiken bestehen in der Krise der Gesellschaft. Wird die AG zahlungsunfähig oder überschuldet, trifft den Vorstand nach § 15b InsO die Pflicht, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, Insolvenzantrag zu stellen. Eine verspätete Antragstellung begründet eine persönliche Haftung des Vorstands für Zahlungen, die nach Eintritt der Insolvenzreife noch aus dem Gesellschaftsvermögen geleistet wurden. Diese Haftung ist verschuldensabhängig und kann für Vorstände existenzbedrohend sein, da sie sich nicht auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt, sondern in ihr Privatvermögen durchgreift.
Hinweis Zusammengefasst gilt: Aktionäre profitieren von einer strikten Haftungsbegrenzung auf ihre Einlagen. Für Vorstandsmitglieder hingegen besteht ein erhebliches Haftungsrisiko – sie sind an die Sorgfaltsmaßstäbe des § 93 AktG gebunden und tragen im Krisenfall nach § 15b InsO eine besondere Verantwortung. Eine sorgfältige Unternehmensführung, dokumentierte Entscheidungsprozesse und die rechtzeitige Reaktion auf Krisensignale sind daher essenziell, um persönliche Haftung zu vermeiden. |
Gewinnverteilung
Die Gewinnverteilung in der Aktiengesellschaft folgt klaren gesetzlichen Vorgaben und spiegelt zugleich das Spannungsfeld zwischen den Interessen der Aktionäre und der Gesellschaft wider. Ausgangspunkt ist der von Vorstand und Aufsichtsrat aufgestellte Jahresabschluss (§§ 264 ff. HGB, § 172 AktG). Aus diesem Jahresabschluss ergibt sich der Bilanzgewinn, über dessen Verwendung die Hauptversammlung entscheidet (§ 174 Abs. 1 AktG).
Zunächst sind allerdings gesetzliche Rücklagen zu berücksichtigen: Nach § 150 Abs. 2 AktG muss die AG jährlich fünf Prozent des Jahresüberschusses in die gesetzliche Rücklage einstellen, bis diese zusammen mit der Kapitalrücklage zehn Prozent oder den in der Satzung festgelegten höheren Teil des Grundkapitals erreicht. Erst danach steht der verbleibende Bilanzgewinn zur Verteilung an die Aktionäre zur Verfügung.
Die Entscheidung über die konkrete Gewinnverwendung – also insbesondere die Ausschüttung einer Dividende – obliegt der Hauptversammlung (§ 119 Abs. 1 Nr. 2 AktG). Typischerweise schlägt der Vorstand nach Rücksprache mit dem Aufsichtsrat eine Dividendenhöhe vor, über die die Hauptversammlung dann abstimmt. Aktionäre haben dabei einen Anspruch auf einen den Anteilen entsprechenden Gewinnanteil, sofern die Hauptversammlung die Ausschüttung beschließt (§ 58 Abs. 4 AktG). Praktisch bedeutet das: Jeder Aktionär erhält Dividende nach Maßgabe seiner Beteiligungsquote, in der Regel also proportional zur Zahl der gehaltenen Aktien.
Allerdings besteht kein absoluter Dividendenanspruch. Die Hauptversammlung kann beschließen, Gewinne ganz oder teilweise im Unternehmen zu belassen (Thesaurierung), um Investitionen zu finanzieren oder Rücklagen zu stärken. Für wachstumsorientierte AGs ist dies häufig üblich: Statt Gewinne an Aktionäre auszuschütten, wird das Kapital genutzt, um die Expansion voranzutreiben.
Neben der klassischen Bardividende kennt das Aktienrecht auch andere Formen der Gewinnverwendung. Möglich sind z. B. Sachdividenden (Ausschüttung von Vermögensgegenständen) oder die Ausgabe von Gratisaktien aus Gesellschaftsmitteln (§§ 207 ff. AktG). Letzteres stärkt das Eigenkapital und verteilt Anteile neu, ohne dass Geld fließt.
Beschlussmängelrecht
Fehlerhafte Beschlüsse der Hauptversammlung werden im Aktienrecht eingeteilt in anfechtbare und nichtige Beschlüsse.
Ein nichtiger Hauptversammlungsbeschluss liegt vor, wenn ein besonders schwerwiegender Mangel besteht, der zur automatischen Unwirksamkeit des Beschlusses führt. Nichtigkeitsgründe sind in § 241 AktG abschließend aufgezählt. Typische Beispiele sind formelle Grundsatzverstöße, etwa wenn die Hauptversammlung nicht ordnungsgemäß einberufen wurde oder wenn der Beschlussinhalt sittenwidrig oder gesetzes-/satzungswidrig ist (z.B. ein Beschluss, der gegen das „Wesen der Aktiengesellschaft“ oder gegen zwingende Gläubigerschutzvorschriften verstößt). Ein nichtiger Beschluss ist von Anfang an unwirksam und entfaltet keine Rechtswirkung, selbst wenn niemand klagt. Nichtigkeitsgründe können daher grundsätzlich auch noch lange nach der HV geltend gemacht werden. Ein Beispiel: Die Hauptversammlung einer AG beschließt, entgegen gesetzlichen Verboten das Grundkapital an die Aktionäre zurückzuzahlen – ein solcher Verstoß gegen zwingendes Kapitalerhaltungsrecht macht den Beschluss nichtig.
Ein anfechtbarer Hauptversammlungsbeschluss hingegen ist zunächst wirksam, kann aber von Aktionären mittels Anfechtungsklage nach § 246 Abs. 1 AktG innerhalb von 1 Monat nach Beschlussfassung angefochten und durch Urteil für unwirksam erklärt werden. Anfechtungsgründe sind „weniger schwerwiegende“ Mängel, die die Wirksamkeit erst beeinträchtigen, wenn ein Aktionär fristgerecht Klage erhebt. Zu den Anfechtungsgründen zählen vor allem Verstöße gegen Gesetz oder Satzung, Verfahrensfehler bei der Beschlussfassung (z.B. Verletzung von Einberufungsvorschriften, Abstimmungsfehler) sowie Verletzungen von Informations- oder Auskunftsrechten der Aktionäre. In der Praxis sehr relevant ist etwa die Verletzung des Auskunftsrechts: Wird einem Aktionär in der HV eine wesentliche Information verweigert, die zur sachgerechten Beurteilung eines Tagesordnungspunkts nötig ist, so kann dies einen Anfechtungsgrund darstellen. Beispiel: Der Vorstand beantwortet detaillierte Fragen zu einem Übernahmeangebot unvollständig; ein daraufhin gefasster Zustimmungsbeschluss könnte wegen Informationsverweigerung anfechtbar sein. Erhebt innerhalb der Monatsfrist kein Aktionär Klage, bleibt ein anfechtbarer Beschluss gültig. Erfolgt jedoch eine rechtzeitige Klage und das Gericht erkennt den Mangel als erheblich an, wird der Beschluss ex tunc (rückwirkend) für nichtig erklärt.
Praktisch bedeutet das: Nichtigkeit betrifft besonders gravierende Fehler und führt automatisch zur Unwirksamkeit (ohne Frist), während die Anfechtbarkeit bei „normalen“ Rechtsverstößen greift und eine aktive Klage innerhalb der Frist erfordert. Für Aktionäre ist es daher wichtig, etwaige Beschlussmängel rasch zu erkennen und zu entscheiden, ob sie Anfechtungsklage erheben. Üblich ist, dass kritische Aktionäre bereits in der HV Widerspruch zu Protokoll erklären, um ihre Anfechtungsbefugnis zu sichern (§ 245 AktG). In der Unternehmenspraxis sind Anfechtungsklagen ein wichtiges Minderheitenrecht, um etwa Beschlüsse über Strukturmaßnahmen, Kapitalerhöhungen oder Entlastungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Allerdings dürfen solche Klagen nicht missbräuchlich eingesetzt werden – das Aktienrecht versucht, durch Kostenvorschriften und Mindestaktienbesitz (z.B. im Spruchverfahren) Missbrauch einzudämmen.
Auflösung und Liquidation
Eine Aktiengesellschaft kann ihr Ende auf unterschiedlichen Wegen finden – wesentlich ist der Unterschied zwischen einer freiwilligen Auflösung (mit anschließender Liquidation) und der Insolvenz der Gesellschaft.
Freiwillige Auflösung
Die Gesellschafter (Aktionäre) können beschließen, die AG aufzulösen. Ein solcher Beschluss der Hauptversammlung erfordert eine qualifizierte Mehrheit von 3/4 des vertretenen Grundkapitals (§ 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG). In der Praxis wird eine freiwillige Auflösung häufig beschlossen, wenn z.B. der Unternehmenszweck erreicht wurde, die Gesellschaft in eine andere Rechtsform überführt werden soll oder die Weiterführung des Geschäfts als nicht mehr sinnvoll erachtet wird. Weitere Auflösungsgründe können in der Satzung verankert sein, etwa eine feste Dauer der Gesellschaft („Auflösung auf Zeitablauf“).
Auch gerichtliche Entscheidungen können die Auflösung bewirken, z.B. wenn gravierende Satzungsmängel festgestellt werden, die zur Nichtigkeit der Satzung und damit zur Auflösung führen. Im Handelsregister wird die Auflösung vermerkt, und es beginnt die Liquidationsphase (§ 264 AktG). In dieser Phase existiert die AG rechtlich fort, allerdings „i.L.“ (in Liquidation) und mit dem alleinigen Zweck, ihre laufenden Geschäfte abzuwickeln. Die Abwicklung (Liquidation) erfolgt in der Regel durch die bisherigen Vorstandsmitglieder als Liquidatoren, sofern nicht andere Personen bestellt werden.
Die Liquidatoren haben folgende Aufgaben: sie beenden alle laufenden Geschäfte, ziehen ausstehende Forderungen ein, veräußern das Gesellschaftsvermögen (Umwandlung in Geld) und erfüllen sämtliche Verbindlichkeiten der AG. Im Grunde wird also das Unternehmen zu Geld gemacht. Dabei gilt ein strikter Gläubigerschutz: Bevor auch nur ein Euro an die Aktionäre verteilt werden darf, muss sichergestellt sein, dass alle bekannten Gläubiger befriedigt sind. Dazu schreibt das Gesetz einen öffentlichen Schuldenruf vor:
Die Liquidatoren müssen dreimal in den Gesellschaftsblättern bekanntmachen, dass die Gesellschaft aufgelöst ist und Gläubiger ihre Ansprüche anmelden sollen. Nach der dritten Bekanntmachung läuft ein Sperrjahr (§ 273 AktG): Erst wenn dieses Jahr verstrichen und alle gemeldeten Gläubiger befriedigt sind, darf das verbleibende Vermögen an die Aktionäre verteilt werden. Die Aktionäre erhalten dann im Verhältnis ihrer Beteiligung ein Liquidationsguthaben. Ist das Vermögen verteilt und die Liquidation abgeschlossen, wird die AG im Handelsregister gelöscht – damit endet ihre Rechtsfähigkeit.
Insolvenz
Anders gestaltet sich der Fall, wenn die AG zahlungsunfähig oder überschuldet ist und deshalb ein Insolvenzverfahren eröffnet werden muss. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der AG führt kraft Gesetzes ebenfalls zur Auflösung der Gesellschaft (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG). Allerdings tritt an die Stelle der freiwilligen Abwicklung nun das Insolvenzverfahren nach der Insolvenzordnung (InsO). Ein vom Gericht bestellter Insolvenzverwalter übernimmt die Kontrolle über das Unternehmen. Seine Aufgabe ist es – vereinfacht gesagt – entweder das Unternehmen zu sanieren (durch Insolvenzplan oder Investorenlösung) oder im Regelfall das Vermögen zu verwerten und die Erlöse an die Gläubiger zu verteilen. Liquidation im klassischen Sinne findet in der Insolvenz nicht nach AktG-Vorschriften statt; vielmehr gelten die InsO-Bestimmungen.
Die Aktionäre haben in der Insolvenz nur eine nachgeordnete Stellung: Da regelmäßig nicht genug Vermögen vorhanden ist, um alle Gläubiger vollständig zu befriedigen, gehen die Eigentümer meist leer aus. Ihre Aktien verlieren ihren Wert. Selbst wenn nach Befriedigung aller Gläubiger etwas übrig bleibt, steht den Aktionären dieser Rest zu (sog. Überschussliquidation), praktisch ist das aber selten. Auch das Insolvenzverfahren wird ins Handelsregister eingetragen. Wird das Verfahren mangels Masse gar nicht erst eröffnet oder später eingestellt, gilt die AG ebenfalls als aufgelöst (§ 262 Abs. 1 Nr. 4 AktG für Abweisungsbeschluss). Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens wird die Gesellschaft im Register gelöscht.
Ertragssteuer
Die Besteuerung einer AG erfolgt auf zwei Ebenen – zum einen auf Ebene der Gesellschaft selbst und zum anderen auf Ebene der Anteilseigner (Aktionäre). Diese Trennung ist charakteristisch für Kapitalgesellschaften.
Besteuerung der Gesellschaft
Als eigenständige juristische Person ist die AG steuerpflichtig für ihre Gewinne. Konkret unterliegt der Gewinn einer AG der Körperschaftsteuer (KSt) von 15 %.
Hinweis Ab dem 01.01.2028 soll die Körperschaftsteuer schrittweise von aktuell 15% auf 10% gesenkt werden. Dies geschieht dadurch, dass ab dem Jahr 2028 die Körperschaftsteuer jedes Jahr um einen Prozentpunkt gesenkt wird, bis ein Steuersatz von 10% erreicht wird. |
Zusätzlich fällt darauf der Solidaritätszuschlag von 5,5 % an, was zu einer effektiven Belastung von 15,825 % auf den Gewinn führt. Unabhängig davon, ob der Gewinn im Unternehmen verbleibt oder ausgeschüttet wird, die Körperschaftsteuer ist auf den gesamten Jahresüberschuss zu entrichten. Daneben gilt die AG kraft Rechtsform immer als Gewerbebetrieb (§ 2 GewStG); sie muss daher Gewerbesteuer zahlen. Die Höhe der Gewerbesteuer hängt vom Gewerbeertrag und dem Hebesatz der Gemeinde ab und liegt im Bundesdurchschnitt bei etwa 14 % bis 17 % vom Gewinn (bei einem Hebesatz um 400 %).
Die Gewerbesteuer kann – anders als bei Personengesellschaften – nicht auf die Einkommen-/Körperschaftsteuer angerechnet werden. Dadurch ergibt sich für die AG insgesamt eine Steuerbelastung (KSt + SolZ + GewSt) von rund 30 % des Gewinns, je nach Ort etwas mehr oder weniger. Erzielt die AG darüber hinaus Umsätze aus Lieferungen und Leistungen, so unterliegt sie der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) wie jedes andere Unternehmen. Die AG muss auf ihre Verkäufe die Umsatzsteuer berechnen und an das Finanzamt abführen, kann aber im Gegenzug Vorsteuer abziehen. Die Umsatzsteuer ist eine Verkehrssteuer und belastet die AG wirtschaftlich meist nicht, da sie an die Kunden weitergereicht wird – sie wird hier der Vollständigkeit halber erwähnt. Weitere für die AG relevante Steuern sind z.B. Lohnsteuer (die sie für ihre Arbeitnehmer abführt) oder ggf. Grundsteuer, falls Immobilienbesitz vorliegt.
Besteuerung der Aktionäre
Auf Ebene der Anteilseigner kommt insbesondere die Kapitalertragsteuer ins Spiel, wenn Gewinne der AG ausgeschüttet werden. Beschließt die Hauptversammlung eine Dividende, so führt die AG als ausschüttende Gesellschaft einen Steuerabzug von 25 % der Dividende an das Finanzamt ab (zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer). Dieser Steuerabzug ist die Abgeltungsteuer, die bei privaten Aktionären die Einkommensteuer auf Kapitalerträge abgilt. Inklusive Solidaritätszuschlag (5,5 %) ergibt sich ein Abzug von rund 26,375 % auf Dividenden. Beispiel: Von 1 € Dividende erhält der Aktionär ca. 0,74 € netto, ~0,26 € gehen an den Fiskus. Für inländische Aktionäre mit geringem persönlichem Steuersatz gibt es die Möglichkeit, durch die Günstigerprüfung oder – bei Beteiligungen über 25 % bzw. im Betriebsvermögen – durch das Teileinkünfteverfahren eine teilweise Erstattung zu erhalten. Grundsätzlich sind aber Dividenden im Privatvermögen mit 25 % pauschal belastet.
Auch Kursgewinne aus dem Verkauf von Aktien unterliegen bei Privatpersonen der 25 %igen Abgeltungsteuer (sofern die Aktien nach 2009 erworben wurden). Damit erfahren Aktionäre eine Besteuerung ihrer Einkünfte aus der AG separat von der Gesellschaft.
Hinweis Da die AG-Gewinne zunächst auf Gesellschaftsebene und bei Ausschüttung nochmals auf Anlegerebene besteuert werden, spricht man von einer Doppelbelastung. Ein einfaches Zahlenbeispiel: Erzielt die AG 100 € Gewinn, zahlt sie ca. 30 € Körperschaft- und Gewerbesteuern. Von den verbleibenden 70 € schüttet sie z.B. 50 € als Dividende aus. Darauf gehen rund 13,2 € Kapitalertragsteuer+SolZ ab. Beim Aktionär kommen 36,8 € an. Von den ursprünglich 100 € Gewinn wurden also ~63 € als Steuern abgeführt (30 € auf Gesellschaftsebene + 13,2 € auf Anlegerebene). Die effektive Gesamtsteuerquote läge in diesem Beispiel bei etwa 46 %. Wird kein Gewinn ausgeschüttet, entfällt zwar die zweite Ebene (Aktionärsebene) vorerst – allerdings können thesaurierte Gewinne später den Aktienkurs erhöhen, was bei Verkauf der Aktien ebenfalls steuerpflichtig wäre. Im internationalen Vergleich wird die doppelte Körperschaftsbesteuerung oft als Nachteil von Kapitalgesellschaften angesehen (im Gegensatz zu transparenten Personengesellschaften, wo Gewinne nur einmal beim Unternehmer versteuert werden). Gesetzgeber und Gerichte haben Mechanismen eingeführt, um Übermaßbelastungen zu vermeiden (z.B. Freibeträge, Teilfreistellungen für betriebliche Beteiligungen etc.). Nichtsdestotrotz sollten Gründer und Investoren die kombinierte Steuerwirkung berücksichtigen. |
Umsatzsteuer
Die AG ist wie jede gewerbliche Gesellschaft umsatzsteuerpflichtig, sofern sie umsatzsteuerpflichtige Umsätze tätigt. Gleichzeitig kann sie allerdings auch Vorsteuerbeträge aus Eingangsrechnungen geltend machen.
Fazit
Zusammenfassend verbindet die Aktiengesellschaft strikte gesetzliche Rahmenbedingungen mit der unternehmerischen Flexibilität, die für starkes Wachstum erforderlich ist. Klare Organstrukturen – Vorstand (Leitung), Aufsichtsrat (Kontrolle) und Hauptversammlung (Eigentümerbeschlüsse) – stellen sicher, dass Verantwortung und Entscheidungsbefugnisse sinnvoll verteilt sind und sich gegenseitig überwachen. Für junge Gründer und ambitionierte Unternehmer, die ein skalierbares Start-up aufbauen wollen, ist die AG eine äußerst spannende Option. Sie ermöglicht enorme Kapitalzuflüsse und verschafft Zugang zum Kapitalmarkt, was das Wachstum erheblich beschleunigen kann. Gleichzeitig erlangt man als AG eine hohe Reputation am Markt, muss aber auch bereit sein, Dritten Einblicke und Mitbestimmung einzuräumen.
Die Entscheidung für die AG will gut überlegt sein: Ihr anspruchsvolles Regelwerk verlangt Kenntnis und Verständnis der Kompetenzen der Organe sowie der eigenen Rechte als Aktionär. Hat man dieses Rüstzeug, lässt sich die AG jedoch strategisch einsetzen, um aus einer innovativen Idee ein großes, erfolgreiches Unternehmen zu formen. Auch wenn man am Ende vielleicht nur noch eine Minderheitsbeteiligung hält, profitiert man vom insgesamt größeren Erfolg des Unternehmens – und behält als treibende Kraft (etwa in der Geschäftsführung) weiterhin erheblichen Einfluss und eine angemessene Beteiligung am Wertzuwachs des Unternehmens. Kurz gesagt: Die AG ist perfekt für Unternehmen mit schnellem Wachstum und hohem Kapitalbedarf, die bereit sind, dafür Verantwortung zu teilen. Sie bietet den Rahmen, in dem visionäre Geschäftsmodelle mithilfe von Investorengeldern realisiert werden können, ohne dass die ursprünglichen Gründer ihre zentrale Rolle verlieren.
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